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Selbstbewusstsein
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Unsere westliche Kultur ist geprägt
vom Geist der
Individualität
und Meinungsfreiheit. Doch oft sieht
die Realität anders aus. Wer nicht ins System passt, muss mit Mobbing und Diskriminierung rechnen. Doch es liegt an uns, wie wir
damit umgehen. Diese Geschichte will uns zeigen, wie wir unser
Selbstbewusstsein stärken können.
Eines Tages kam ein großer Gelehrter
in ein indisches Dorf. Als die Bewohner ihn erkannten, baten sie
ihn, etwas zu bleiben und sie zu unterrichten. Auch ein junger Mann,
der eigentlich seinem Vater bei der Ernte helfen sollte, war dabei.
Er hatte versprochen, schnell wieder zurück zu sein. Doch dann war
er so gefesselt von dem, was der Gelehrte zu sagen hatte, dass er
vollkommen die Zeit vergaß.
Der Vater wurde ungeduldig und so machte er sich schließlich auf den
Weg, um den Sohn zu holen. Voller Wut trat er vor den Gelehrten hin
und beschuldigte ihn, ein nichtsnutziger Herumtreiber zu sein, der
nichts anderes im Sinne hätte, als die Jugend von ihren Pflichten
abzuhalten. Als er fertig war, stellte der Gelehrte ihm eine Frage:
"Mein Freund, angenommen, ein Mann kommt in dein Haus und bringt dir
ein Geschenk. Du nimmst es an. Wem gehört es dann?" "Na, mir
natürlich!" erwiderte dieser überrascht, denn er verstand den Sinn
der Frage nicht.
"Und angenommen, dieser Mann bringt dir ein Geschenk, du weist es
aber zurück. Wem gehört es dann?“ Der Vater war verwirrt: "Na, ihm
natürlich, ich habe es ja zurückgewiesen. Aber was hat das alles mit
mir zu tun?" "Ganz einfach, mein Freund. Du kommst zu mir und machst
mir ein Geschenk: deine Wut. Ich will sie aber nicht und weise sie
zurück. Sie gehört daher immer noch dir." |
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Eigenverantwortung |
Wir sind Individuen. Einzigartig in
allem, was wir denken und tun. Doch oft vergessen wir das. Dann
streiten wir darüber, was richtig oder falsch ist – und können uns
nicht einigen. Denn es gibt keine objektive Wahrheit. Daher können
wir Konflikte niemals durch Meinungskämpfe lösen. Wir können sie nur
durch Meinungsfreiheit überwinden, indem wir den Mut haben, uns von
der Meinung anderer frei zu machen und unsere eigenen Entscheidungen
zu treffen. Die folgende Geschichte ist hierfür ein Beispiel.
Zwei Mönche kamen auf ihrer Wanderung an einen Fluss. Dort stand
eine wohlhabende Frau in kostbaren Kleidern. Offenbar wollte sie
über den Fluss. Doch das Wasser war zu tief. Sie hätte ihre Kleider
ruiniert. Ohne zu zögern ging einer der Mönche zu ihr hin, hob sie
auf seine Schultern und trug sie über den Fluss. Dann verabschiedete
er sich von ihr und setzte seine Wanderung fort.
Nach einer Stunde fing der andere Mönch plötzlich an, ihn zu
kritisieren: „Du weißt doch, dass wir Frauen nicht berühren dürfen.
Wie konntest du nur gegen diese Regel verstoßen?“ Er hörte sich die
Vorwürfe ruhig an. Dann antwortete er: „Ich habe die Frau vor einer
Stunde am Fluss abgesetzt – aber wie es aussieht, trägst du sie
immer noch.“ |
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Zielsicherheit |
In allem, was wir tun, verfolgen wir
ein bestimmtes Ziel. Und erst, wenn wir es erreicht haben, haben wir
das Gefühl, wertvoll zu sein. Doch jeder weiß, wie schwierig es
manchmal sein kann, für seine Ziele einzustehen. Denn dafür brauchen
wir nicht nur Willensstärke - wie diese Geschichte zeigt.
Einmal kam ein junger Mann zu einem
Zenmeister mit der Frage: „Meister, ich möchte Erleuchtung erlangen,
um mich von meinem Leiden zu befreien. Aber ich bin nicht besonders
begabt darin, etwas lange durchzuhalten. Gibt es einen kurzen Weg
für Leute wie mich?" Der Meister sah ihn aufmerksam an und
antwortete: "Sage mir, was hast du studiert? Womit hast du dich
bisher am meisten beschäftigt?" "Hm, mit nichts so richtig. Meine
Familie ist sehr reich. Daher brauchte ich nie arbeiten. Das
einzige, was mich bisher wirklich interessiert hat, war das
Schachspiel. Damit habe ich die meiste Zeit verbracht."
Der Meister lächelte und ließ ein
Schachbrett holen. Dann rief er einen seiner Mönche zu sich und
sagte zu ihm: "Du hast mir Gehorsam gelobt und nun fordere ich ihn
von dir. Du wirst mit diesem jungen Mann eine Partie Schach spielen.
Und wenn du verlierst, werde ich dir mit meinem Schwert den Kopf
abschlagen. Doch ich verspreche dir, dass du im Paradies
wiedergeboren wirst. Wenn du jedoch gewinnst, werde ich diesem Mann
den Kopf abschlagen. Denn Schach ist das einzige, wobei er sich
jemals angestrengt hat. Und wenn er verliert, verdient auch er den
Verlust seines Kopfes."
Beide Männer sahen, dass es dem
Meister ernst damit war. Und der junge Mann spürte, wie ihm der
Schweiß bis zu den Füssen hinunterlief, denn es ging um sein Leben.
Das Schachbrett wurde zur ganzen Welt. Er war völlig darauf
konzentriert. Zuerst stand es eher schlecht um ihn, doch dann machte
der Mönch einen ungünstigen Zug, was ihm einen Vorteil verschaffte.
Als die Stellung seines Gegners
bröckelte, warf er einen kurzen Blick auf den Mönch. Er sah ein
Gesicht geprägt von Jahren strenger Disziplin, das Aufrichtigkeit
und inneren Frieden ausstrahlte. Unwillkürlich musste er dabei an
sein eigenes Leben denken, das ihm dagegen wertlos erschien. Und er
machte absichtlich einen Fehler, der seine Stellung ruinierte.
Plötzlich beugte sich der Meister vor
und stieß das Brett um. "Hier gibt es keinen Gewinner und keinen
Verlierer", sagte er, "hier wird kein Kopf fallen.“ Dann wandte er
sich an den jungen Mann. „Du hast heute bewiesen, dass du dich voll
und ganz auf ein Ziel konzentrieren kannst. Aber du hast auch den
Mut gehabt, deiner eigenen Wahrheit ins Gesicht zu schauen. Das ist
die Antwort auf deine Frage. Wenn du wirklich etwas erreichen
willst, musst du dir selbst gegenüber ehrlich sein. Nur durch
Selbsterkenntnis kommst du zum Ziel.“
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Lernbereitschaft
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Diese Geschichte handelt von Alexander
dem Großen und seinem Pferd Bukephalos. Sie will uns sagen, dass wir
zu ganz anderen Ergebnissen kommen, wenn wir die Dinge aus
einer neuen Perspektive betrachten.
Eines Tages – Alexander war damals
etwa fünfzehn Jahre alt – kam ein Pferdehändler mit einem
prachtvollen Hengst an den Königshof. „Seht dieses herrliche Pferd,
mein König,“ sagte er. „Es ist wahrhaft eines Königs würdig.“ „Wir
wollen es erproben,“ sagte dieser und begab sich mit einigen seiner
Männer an einen freien Platz, um den Hengst zu begutachten. Doch
sobald einer der Männer das Pferd besteigen wollte, scheute und
bockte es. Und der Mann hatte Mühe, den Hufschlägen auszuweichen.
Auch den anderen gelang es nicht. Das Pferd wurde nur immer wilder,
sodass sie schließlich aufgaben.
„Wie viel verlangst du für dieses
außergewöhnliche Pferd?“ fragte König Philipp den Händler. „Dreizehn
Talente“, erwiderte dieser. Da fingen alle an zu lachen, denn das
war fünfmal mehr als der übliche Preis für ein Pferd. „Dreizehn
Talente für ein Pferd, das niemand reiten kann. Nimm es wieder mit“,
sagte der König.
Plötzlich mischte sich Alexander ein.
„Wie kannst du dir so ein herrliches Pferd entgehen lassen, Vater?
Nur, weil deine Männer nicht damit umgehen können.“ „Meinst du etwa,
du kannst mehr als meine Reiter?“ fragte der König leicht verärgert.
„Ja, das kann ich, Vater“, erwiderte Alexander voller Stolz. König
Philipp sah ihn prüfend an. „Man muss für seine Worte einstehen,
mein Sohn. Was willst du tun, wenn es dir nicht gelingt?“ „Dann
bezahle ich selbst die dreizehn Talente,“ antwortete Alexander und
ging ruhig auf das Pferd zu.
Er hatte es die ganze Zeit über aufmerksam beobachtet und
dabei herausgefunden, dass das Pferd nicht vor den Männern scheute,
sondern vor seinem eigenen Schatten, den die Sonne auf den Boden
warf. Immer, wenn es sich bewegte, bewegte sich auch sein Schatten,
und dann begann es zu scheuen.
Alexander nahm das Pferd am Zaum und
führte es so herum, dass sein Kopf zur Sonne zeigte. Nun konnte es
seinen Schatten nicht mehr sehen. Sofort wurde es ruhiger. Und
während Alexander ihm zärtlich den Kopf streichelte und leise auf
ihn einredete, stieg er auf das Pferd und galoppierte davon.
Überrascht sahen der König und seine Männer ihm nach. Alexander
hatte sein Pferd gefunden. Und es heißt, dass beide 30 Jahre lang
gemeinsam die Welt erobert haben.
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Vernetzung |
Wir leben heute in einer Zeit, in der
uns selektives Denken nicht mehr weiterbringt. Um den Anforderungen
unserer digitalen Wirklichkeit gewachsen zu sein, müssen wir lernen,
global zu denken und die Welt als Ganzes wahrzunehmen. Dies möchte
uns auch die folgende Geschichte sagen.
Einmal wollte ein König wissen, was
ein Elefant ist. Daher beauftragte er fünf Gelehrte damit, das
herauszufinden. Doch alle fünf waren blind. Als sie daher endlich an
einem Ort ankamen, an dem Elefanten lebten, versuchten sie, sich
durch Ertasten ein Bild von dem Tier zu machen.
Wieder zurück bei ihrem König,
schilderten sie ihm ihre Erkenntnisse. Einer von ihnen hatte am Kopf
des Elefanten gestanden und den Rüssel betastet. Er sagte: "Ein
Elefant ist wie ein langer Arm." Ein anderer hatte das Ohr ertastet
und meinte daher: "Nein, ein Elefant ist vielmehr wie ein großer
Fächer." Der dritte, der ein Bein berührt hatte, war sich dagegen
sicher: "Aber nein, ein Elefant ist wie eine dicke Säule."
Der vierte wiederum hatte nur den
Schwanz ertastet: "Also ich finde, ein Elefant ist wie eine kleine
Strippe mit ein paar Haaren am Ende". Und um die Verwirrung komplett
zu machen, behauptete der fünfte: "Also ich sage, ein Elefant ist
wie eine riesige Masse mit Rundungen und ein paar Borsten darauf."
Denn er hatte den Rumpf des Elefanten berührt.
Der König hatte aufmerksam zugehört
und als die Gelehrten fertig waren, sagte er voller Freude: "Ich
danke euch, denn jetzt ich weiß, was ein Elefant ist: Es ist ein
Tier mit einem Rüssel, der wie ein langer Arm aussieht, mit Ohren,
die wie Fächer sind, mit Beinen, die wie starke Säulen wirken, mit
einem Schwanz, der einer kleinen Strippe gleicht und einem Rumpf,
der wie eine große, runde Masse aussieht." Die Gelehrten senkten
beschämt ihren Kopf, denn sie erkannten, dass jeder von ihnen nur
einen Teil des Tieres ertastet hatte.
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Selbstakzeptanz
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Diese Geschichte von einem alten Mann
und seinem Pferd will uns daran erinnern, dass sich unser Leben
ständig weiterentwickelt, sodass wir immer nur Momentaufnahmen sehen
können - nie die ganze Wahrheit. Daher ist es wichtig, dass wir
unser Leben nicht auf das reduzieren, was ist, sondern offen bleiben
für neue Möglichkeiten.
Ein alter Mann lebt in einem kleinen
Dorf irgendwo im Osten. Er ist sehr arm, aber er hat ein weißes
Pferd, das so schön ist, dass selbst Könige ihn darum beneiden und
ihm ungeheure Summen für das Tier bieten. Aber er sagt nur: „Dieses
Tier ist mein Freund, und einen Freund verkauft man nicht.“
Doch eines Morgens, als er wie üblich
in den Stall geht, um sein Pferd zu füttern, ist es verschwunden. Da
sagen die Leute aus dem Dorf: „Du dummer alter Mann, wir haben dir
gleich gesagt, verkauf dein Pferd, dann wärest du jetzt sorgenfrei.
Jetzt ist es weg, so ein Unglück.“ Der alte Mann bleibt gelassen und
sagt nur: „Geht nicht so weit, zu sagen, es sei ein Unglück, sagt
einfach nur, das Pferd ist nicht im Stall.“ Die Leute schütteln den
Kopf und wissen nicht, was er damit meint.
Monate später kommt das Pferd
plötzlich zurück. Es war gar nicht gestohlen, sondern nur
ausgebrochen. Und es bringt zwölf wunderschöne Wildpferde mit.
Wieder kommen die Leute aus dem Dorf zu dem alten Mann und sagen:
„Alter Mann, du warst weise, es hat sich tatsächlich als Segen
erwiesen, es war gar kein Unglück.“ Der alte Mann sagt wieder
gelassen: „Urteilt nicht, sagt einfach nur, das Pferd ist wieder
da.“ Die Leute schütteln wieder den Kopf und verstehen nicht, was er
meint.
Nach einiger Zeit fängt der einzige Sohn des alten Mannes an, die
wilden Pferde zuzureiten. Dabei stürzt er und bricht sich beide
Beine, sodass er nie wieder gehen kann. Die
Leute kommen zu dem alten Mann und sagen: „Welch ein Unglück, du
armer alter Mann, du hast die einzige Stütze deines Alters
verloren.“ Der Alte sagt wieder: „Ihr lernt nichts dazu, ihr seid
besessen von Urteilen, sagt einfach nur, mein Sohn hat sich die
Beine gebrochen. Wer weiß, ob das ein Segen oder Fluch ist? Ihr lest
ein Wort in einem Satz und wollt das ganze Buch beurteilen. Das
Leben zeigt sich nur in Bruchstücken.“
Schließlich bricht ein Krieg aus und
alle wehrfähigen jungen Männer werden eingezogen. Nur der Sohn des
alten Mannes darf zu Hause bleiben, da er nicht fähig ist zu
kämpfen. Wieder kommen die Leute zu dem alten Mann und sagen:
„Wieder hattest du Recht, es war ein Segen, es war gar kein Unglück,
dein Sohn hat sich beide Beine gebrochen, aber er ist wenigstens
noch bei dir. Unsere Söhne sind für immer fort.“ – Die Antwort des
alten Mannes kann man sich vorstellen…
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